Was hat es mir gebracht?
Ich wurde zum politischen Menschen. Ich weiß, das war ich sicher vorher auch schon, habe es aber nicht bewusst gewusst :-) Die Sicht auf beide Seiten, der Blick ′hinter die Kulissen′, zu sehen, wie viel an Gestaltungsmöglichkeiten wir als BürgerInnen eigentlich hätten, wenn wir uns nur einbringen würden und wie viel an Gestaltung uns einfach vorenthalten wird oder mangels an Interesse der Menschen dann eben einfach woanders entschieden wird - das hat auf dieser Ebene wirklich große Bedeutung für mich gewonnen.
Politik ist der Ort, wo wir uns ausmachen, wie wir miteinander leben wollen - das ist mir hier in Neulengbach wirklich ganz und gar klar geworden. Wo, wenn nicht hier vor Ort in meinem Umfeld? Hier will ich gestalten und Verantwortung tragen!
Und man hat ja wirklich keine Ahnung, wie viele Vorgaben und Gesetze und Regeln es zu beachten gibt - und auch hier sind wir aufgefordert, zu hinterfragen, zu korrigieren und praktisch anzupassen. Nicht jede Regelung, die im Landtag oder im Nationalrat beschlossen wird, ist auf Gemeindeebene anzuwenden oder umzusetzen. Wir haben verlernt, aktiv, wertschätzend und konstruktiv mit zu sprechen und mit zu gestalten. Wir haben uns zurück gezogen auf den Sudderantenstuhl und von dort kommentieren wir mit ′Ja, aber′, ′da könnt ja jeder kommen′, ′des homa imma scho so gmocht′, ′wozu brauch ma des′ - dort sitzen wir als Bedenkenträger und Bewahrer und verteidigen die Vergangenheit, verpassen die Gegenwart und fürchten uns vor der Zukunft. Potentialentfaltung schaut für mich anders aus.
Was mich auch sehr gestört hat, war teilweise der Umgangston miteinander in den Ausschüssen. Wertschätzend geht für mich anders. Besonders zu bemerken war dieses Verhalten, wenn MitarbeiterInnen der regionalen Zeitungen bei den Gemeinderatssitzungen anwesend waren - da waren die Aussagen teilweise wirklich sehr unangenehm. Das kommt wahrscheinlich daher, weil halt jede Partei die positiven Berichte für sich beanspruchen will und die negativen Geschehnisse den anderen in die Schuhe schieben will. Es danach besser zu wissen, ist ja eine leichte Sache. Und die Opposition, die selten umsetzen muss, hat es sowieso immer leicht, Kritikpunkte anzubringen. Wobei das Einbinden der Fraktionen (ab einer gewissen Mandatsgröße) gerade auf Gemeindeebene doch geschieht, alleine schon durch die Stadtratsfunktion und durch den Stadtrat an sich.
Grundsätzlich wirkt es so, als würde in der Gemeinde miteinander gearbeitet werden - aber ein ′gemeinsam für Neulengbach′, ein ′offenes Neulengbach′ konnte ich nicht erkennen. Jede Partei beansprucht für sich, zu wissen, wie man es besser macht. Vielleicht ist das auch nur oberflächliches Geplänkel - mich stört das jedenfalls sehr, weil es mir egal ist, wer was einbringt, wenn es Sinn für die Stadtgemeinde und unsere Bevölkerung macht. Und, wenn es keinen Sinn macht, ist es ebenso egal, dann wird es eben nicht umgesetzt - auch dann nicht, wenn es die stärkste Fraktion einbringt.
Wäre ja interessant, mal eine Umfrage zu starten - wie viele NeulengbacherInnen fühlen sich eigentlich durch die GemeindeverteterInnen wirklich vertreten?