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-Die politische Welt
Die Partei ist tot-

Die Partei ist tot

es lebe der politische Mensch!
Mein Posting auf facebook hat Wirkung gezeigt. Ich hatte es mir sehr gut überlegt, diesen kurzen Text zu posten. Man weiß ja auf facebook nie ... die Rückmeldungen dazu waren wirklich sehr fein und überwältigend. Schön, wenn so ein Satz bewegt. An dieser Stelle DANKE an alle, die sich die Zeit genommen haben, zu lesen, zu kommentieren und wieder zu lesen und nachzufragen. Das ist in unseren Zeiten auch nicht so ganz selbstverständlich.
-what is the plan Zoom

Nun stellt sich natürlich berechtigt die Frage - WAS IST DER PLAN? Oder - WAS IST MEIN PLAN?
Ich sag jetzt mal ganz salopp - Plan hab ich keinen, aber einen Weg sehe ich vor mir. Aus den vielen Puzzleteilen meiner ′Politisierung′ setzt sich langsam ein Bild zusammen. Wobei ich mir sicher bin, ich war schon immer ein politischer Mensch, weil sich das aus meiner Sicht so verhält wie mit dem Kommunizieren - man kann nicht nicht kommunizieren und man kann nicht nicht politisch sein. Ich habe nur lange geschlafen ...

Politik ist der Ort, wo wir uns ausmachen, wie wir miteinander leben wollen.
Von wem der Satz wirklich ist, weiß ich nicht, das erste Mal gehört habe ich ihn von Matthias Strolz. Mit 50 Jahren hat mich dieser Satz wirklich erreicht - AH! STIMMT! Aber warum läuft das dann eigentlich so ganz anders ab in der Alltagspolitik??? Kann mich echt nicht erinnern, dass mich jemals ein Politiker, eine Politikerin, gefragt hätten, wie ich mir das Zusammenleben vorstelle.

Aufgewachsen bin ich in einem tendentiell roten Umfeld, obwohl mein Vater in späteren Jahren Unternehmer war. Bruno Kreisky war natürlich ein prägender Mensch in meiner politischen Wahrnehmung und auch den Josef Cap hab ich im Fernsehen mitverfolgt (was ist nur aus dem geworden ...). Die Bewegung der Grünen hat mich durch meinen Naturkostladen angesprochen, aber nie wirklich fasziniert. Wahrscheinlich, weil ich einen unbändigen Freiheitswillen habe und auf zu viele Regeln allergisch reagiere. Die ′Schwarzen′ sind mir zu katholisch und zu familiär geprägt, das war noch nie mein Ding. Naja - und Blau ist ein NOGO für mich. 

Anmerken möchte ich, dass ich Heide Schmidt sehr bewundere, gerade wegen ihrer Vergangenheit mit Jörg Haider. Das Liberale Forum hatte gute Ideen, aber leider zu gewagte Zukunftsbilder für die ÖsterreicherInnen. Da hätte es schon ganz viel Mut gebraucht!

Nachdem ich nun mit dem Satz ′Politik ist der Ort, wo wir uns ausmachen, wie wir miteinander leben wollen′ quasi gefangen war, schafften die NEOS in Neulengbach 2015 mit einem Mandat den Einzug in den Gemeinderat. Unsere Listenerste, Sonja Koschina, hatte die Ehre, sich einer ÖVP-Mehrheit gegenüber zu setzen. Nun waren wir also in der Gemeindepolitik angekommen. Und in der Realität der machbaren Politik direkt vor der eigenen Haustüre. Als Sonja sich zu einer Babypause entschloss, folgte ich (mangels Alternativen in den eigenen Reihen) nach. Ich habe diesen Schritt ganz bewusst gesetzt und war mir über die Auswirkungen (ziemlich?) im Klaren. Start war am 08.03.2016 (Frauentag!) - ich wurde angelobt. UFF. Mit 51 Jahren startet ich also mit einer politischen Funktion im Gemeinderat. Ich will euch jetzt hier nicht langweilen, wie das mit einem Mandat aussieht, was man da darf und was nicht ... kurz gesagt: man erhält einen ganz ganz kleinen Einblick, was intern politisch abläuft und darf, wenn guter Wind herrscht, auch manchmal bei der Arbeit im Ausschuss, mitreden. Und natürlich darf man bei der Gemeinderatssitzung mitstimmen (dafür, dagegen oder enthalten).

So, jetzt sind wir etwas vom Thema weg - also, wie ist das nun. Nach meinem ersten Jahr im Gemeinderat kann ich nun sagen, dass es diese immer wieder besprochene und beschriebene Trennung von Politik dort (oben) und wir Menschen da (unten) nicht gibt. Diese ist reine Illusion, die natürlich gerne von allen Menschen in Parteien aufrecht erhalten wird. Denn dann gibt es DIE DA, die es für dich regeln (und die sollst du wählen) und die BürgerInnen, die brav arbeiten gehen sollen und es die ANDEREN machen lassen sollen. Und das funktioniert so nicht. Das Zusammenleben kann nicht von ein paar wenigen für GANZ viele gestaltet werden. Wobei - kann schon, sieht man ja, aber was kommt dabei raus? Menschen, die politikverdrossen sind, weil sie sich von DENEN DA OBEN nicht verstanden fühlen und sich abwenden. Und DIE DA OBEN sagen wieder - ok, dann mach ma halt so weiter, werd′s schon noch sehen, dass ihr OHNE UNS nicht auskommt.

Es ist wirklich das perfekte Abhängigkeitsverhältnis (und da beziehe ich das ganz normal-menschliche Bedürfnis nach Sicherheit und Machterhalt nicht ein) - DIE DA OBEN wurden ja von uns gewählt und das berechtigt sie jetzt, in unserem Namen all das zu tun, was (angeblich) zu tun ist. Wunderbar! Handlanger also ... von wegen Verantwortung!? Machen ja nur das beste für die BürgerInnen. Und die BürgerInnen, in deren Namen dies alles (angeblich) getan wird? Ja die motzen und jammern halt vor sich hin, undankbar, immer im Zweifel, nie in der Verantwortung - weil dazu haben sie ja DIE DA OBEN gewählt. Und gehen bei der nächsten Wahl brav das Kreuzerl an der richtigen Stelle machen. Finde den Fehler ...

POLITIK GEHT UNS ALLE AN UND NICHT NUR EIN PAAR WENIGE! Wir sind Politik!

Gut, zu meiner letztendlichen Erkenntnis, dass ich politisch arbeiten kann OHNE ein Funktion auszuüben, hat mich die ÖBB Fahrkartenautomatrückholaktion gebracht. Ich war mehr als wütend und zornig, schon seit Anfang Jänner, diese ÖBB und der VOR, nix wie Schikanen ... und, als auch im Gemeinderat niemand von nix wusste, hab ich ein Plakat gemalt und aufgestellt - WIR WOLLEN DEN FAHRKARTENAUTOMATEN WIEDER ZURÜCK! 

Und jetzt ist er wieder da - und das ist uns BürgerInnen gemeinsam gelungen. Druck der Mehrheit. WIR haben es getan. OHNE politische Funktion. Einfach, weil es erforderlich war. Und das kann ich jeden Tag machen. OHNE Partei-Farbe, OHNE politische Funktion. ICH.DU.WIR.GEMEINSAM.

Und im Übrigens bin ich der Meinung, dass dieses ganze Partei-Farben-Spiel aus und vorbei und tot ist. Ich bin sogar so optimistisch zu sagen, dass ich es noch erleben werde, dass MENSCHEN verantwortliche POLITIK machen - von unten, aus der Bevölkerung heraus und NICHT von oben herab. Nur, wenn wir uns alle als politische Menschen verstehen - nämlich Menschen, die sich über das Zusammenleben verständigen, werden wir eine WIRDENTITÄT erleben (das hab ich mir jetzt vom Moritz von der Machbarschaft geklaut ;-)

Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei den Menschen der Neulengbacher Stadtgemeinde und allen Gemeinderatsmitgliedern für meine politischen Erfahrungen bedanken. Der Einblick in das gemeindepolitische Tagesgeschehen hat mir sehr gut getan, zu sehen, wie es ist, den Gemeindehaushalt zu verwalten und Verantwortung zu tragen, hat meine Sicht auf die politische Landschaft geschärft. Es sind alles nur Menschen. Ein Jahr nach meiner ersten Gemeinderatssitzung habe ich einen Ausschuss mit einem Lächeln verlassen - ein Jahr danach. Lange hatte es gedauert. Und es war in einem Ausschuss, wo ich es mir nie erwartet hätte - einfach deshalb, weil es der Leiter des Ausschusses menschlich möglich gemacht hat. 

Neulengbach hat sich auf den Weg gemacht, eine Marke und Identität als Stadtgemeinde zu entwickeln und hier möchte ich mich ganz ganz herzlich bei Karl Hintermeier von der Agentur message bedanken, dass er einen wirklichen Bürgerbeteiligungsprozess mit der Stadtgemeinde entwickelt hat - ich hoffe, ich habe dies so gut wie möglich mit unterstützt. BÜRGERBETEILIGUNG - Musik in meinen Ohren!
Danke auch an den Vizebürgermeister Alois Heiss, der aus meiner Sicht über einige Schatten gesprungen ist!

Den Weg zu einem politischen Menschen habe ich geschafft, weil ich mich der menschlichen Realität gestellt habe. Was ist POLITIK? Was geht da vor sich? Was geht das alles mich an? Manchmal bin ich wirklich nach einem Ausschuss mit Übelkeitsgefühl nach Hause gegangen - man erwartet so viel und dann sitzen dort einfach Menschen wie Du und ich. Und manche dieser Menschen sehen sich im Dienste der Gemeinschaft und manche von ihnen lieben die Selbstdarstellung und wollen sich persönlich verwirklichen. Und manche suchen Sicherheit und verneinen Veränderungsprozesse. Menschen eben. Und politische Arbeit ist zu einem Großteil Beziehungsarbeit.

Es kommt mir vor, als wäre ich aus einer Ohnmacht erwacht. Die Schleier sind entfernt. Die Gestaltung liegt in meiner Hand. ICH gestalte mit den Menschen um mich den Ort, wo wir zusammen leben. Ich fühle mich als Neulengbacherin, die wirklich erste Heimat in meinem Leben und ich habe es geschafft, mich als Zuzüglerin zu integieren - das war mir ein ganz besonderes Anliegen.

Ausblick

Und nun?
... werde ich in absehbarer Zeit meine Gemeinderatsfunktion wieder zurück legen. Sonja kehrt gestärkt aus der Babypause zurück - wie abgemacht. Sie ist jung und dynamisch und wird sich voll reinhängen!

Und ich?
... ich werde mich der BÜRGERBETEILIGUNG verschreiben - Menschen müssen aktiviert werden, die schweigende Mehrheit muss sich zeigen und mitmachen, mitgestalten, sich einbringen und mitreden. Raus auf die Straße, Aktionismus ist gefragt, Mut, Neues wagen, Raum wagen, öffentlich präsent sein. Den Mund fusslig reden. Und immer und immer betonen - es gibt keine Trennung zwischen Menschen und Politik. Wir sind Politik.

UND - wenn wo ein Fahrkartenautomat fehlt - ich hol′ ihn gerne MIT EUCH GEMEINSAM wieder zurück!

Und eigentlich verdanke ich all diese Erfahrungen der Neugierde und Hartnäckigkeit meines Sohnes Sebastian.

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